Wie das Home Office Unternehmenskultur, Kommunikation und Führung auf den Kopf stellt

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Organisationsberatung - Warum die Home-Office-Diskussion allein zu kurz gegriffen ist

Die Suche nach der richtigen Post-Corona-Balance aus Präsenz und Home Office wird aktuell heiß diskutiert. Aber erstaunlich oft werden die vielschichtigen Auswirkungen neuer hybrider Arbeitsmodelle auf Unternehmenskultur, Führung, interne Kommunikation, Kollaboration und Weiterbildung grob unterschätzt bzw. nicht mitgedacht. Hier eine Diskussionsvorlage, wie Unternehmen die Weichen auf Handlungs- und Zukunftsfähigkeit stellen.

Welcome back! So langsam füllen sich die Büros und Produktionsstätten wieder. Nach 15 Monaten Ausnahmezustand tasten wir uns langsam zurück zur Normalität am Arbeitsplatz. Und alle Unternehmen diskutieren darüber, was kurz- und langfristig das richtige Maß an Präsenz und Remote ist. Es geht um anteilige Arbeitszeit im Büro und zu Hause, um Wochentage und um die Frage, was verpflichtend und was freiwillig sein sollte. All das sind wichtige Fragestellungen, die es gemeinschaftlich zu beantworten gilt.

Ohne dabei das große Ganze im Blick zu haben, ist die Diskussion um den Home-Office-Anteil allerdings zu kurzsichtig. Aus meiner Sicht wäre es naiv zu glauben, dass mit der Einigung und Einführung eines passenden hybriden Arbeitsmodells der Veränderungsprozess abgeschlossen ist und alles in gewohnten Bahnen läuft. Vielmehr ist die neue Arbeitsorganisation ein echter Game Changer, der die tragenden Säulen des Unternehmens in Bewegung bringt: In Sachen Unternehmenskultur, Führung, Kommunikation, Kollaboration und Weiterbildung gibt es kein Zurück. Hier sind neue tragfähige Lösungen gefragt.

Was hier passiert und welche Weichen wie gestellt werden sollten, beleuchte ich im Folgenden:

Unternehmenskultur: Update für das Betriebssystem der Organisation

Die Unternehmenskultur umfasst gemeinsame Vorstellungen, wie im Unternehmen gehandelt werden soll, welche Problemlösungsansätze und welches Sozialverhalten richtig sind. Eine Adaption der Arbeitsmodelle lässt sich nicht nachhaltig erfolgreich umsetzen, ohne dass die Unternehmenskultur davon beeinflusst wird. In Zeiten des allgegenwärtigen Wandels ist auch die Unternehmenskultur nicht in Stein gemeißelt, sondern kann nur als lebendiges, dynamisches Konstrukt seine Leitfunktion ausfüllen.

Und was ist konkret zu tun?

Jetzt ist die richtige Zeit für einen Boxenstopp, um das Betriebssystem des Unternehmens unter die Lupe zu nehmen und zu aktualisieren. Das „new now“ der Kollaboration braucht eine aktualisierte Unternehmenskultur mitsamt gemeinsamer Sprache, Spielregeln und Werten, damit sich die Identifikation mit dem Unternehmen nicht mit dem Rückbau der Präsenzkultur schmälert.

 

Führung: Klarheit, Vertrauen und Empathie

„Vertrauen ist gut – Kontrolle ist besser“ – dieses Motto haben Generationen von Führungskräften verinnerlicht. Zur erfolgreichen Flexibilisierung der Arbeitswelt trägt es allerdings nicht bei. Besonders weil Mitarbeitende das selbstbestimmte Arbeiten von zu Hause aus schätzen gelernt haben und weiterhin daran festhalten wollen. Selbstbestimmung beflügelt Menschen, ihr volles Leistungspotential auszuschöpfen. Gleichzeitig belegen verschiedene Gallup-Studien, dass flexibel remote arbeitenden Mitarbeitenden häufig nicht klar ist, was ihre Vorgesetzten von ihnen erwarten. In der Folge sind Führungskräfte unsicher, wie ihre Rolle zukünftig aussieht und wo sie wie anknüpfen sollen.

Und was ist konkret zu tun?

In der Ära nach der Dauerpräsenz muss Ergebnisorientierung im Vordergrund stehen. Jede Führungskraft sollte dem Team vertrauen und es dabei unterstützen, die Rahmenbedingungen zu schaffen, damit jeder bestmögliche Leistungen erbringen will und kann. Damit die Arbeitsleistung auch den Erwartungen des Unternehmens entspricht, sind Führungskräfte gefragt, Aufgaben, Ziele und Ergebnisse besonders klar und deutlich mit den Mitarbeitenden zu vereinbaren und ihnen Freiraum und bei Bedarf Hilfe anzubieten für den Weg zur Zielerreichung. Und gute Führung muss informelle Systeme und Dynamiken erkennen und verstehen. Bewährt haben sich z.B. interne Peer-to-Peer-Netzwerke unter Führungskräften, um den neuen Herausforderungen im People Management vernetzt und agil begegnen zu können.

 

Kommunikation: Vernetzung anregen und Gemeinschaft fördern

Remote zu arbeiten hat viele Vorteile. Nicht automatisch dazu gehören menschlicher Kontakt und Vernetzung: Infolge der räumlichen Distanz sind wir einerseits isolierter und kommunizieren andererseits - vermutlich gerade deshalb - mehr denn je. Doch der informelle Austausch am Rande eines Meetings geht ebenso verloren wie der Smalltalk und das spontane Ideenspinnen an der Kaffeemaschine, Zwischentöne und non-verbale Rückmeldungen im Gespräch. Sprich: Die Kommunikation wird komplizierter, weniger ungezwungen und intuitiv. Dabei ist in unserer zunehmend komplexen und volatilen Welt eine schnelle, klare, unkomplizierte und verlässliche Kommunikation im Unternehmen wichtiger denn je. Durch die Pandemie haben sich Subkulturen und Silo-Denken im Unternehmen weiter vervielfältigt und brauchen nun starke kommunikative Brückenköpfe.

Und was ist konkret zu tun?

Viele Unternehmen brauchen neue Anreize, um das Büro zum gemeinsamen Lagerfeuererlebnis zu machen, zu dem die Mitarbeitenden sich gern regelmäßig zusammen finden. Soziale Nähe, Transparenz, Vernetzung und Gemeinschaft trotz temporärer räumlicher Distanz sind die richtigen Leitplanken für neue Kommunikationsstandards, z.B. Townhall Meetings, cross-funktionale Initiativen, offene Bar Camps oder flexible Raumkonzepte. Diese Konzepte sollten über Team- und Abteilungsgrenzen hinaus gedacht werden, will man nicht das Silo-Denken verschärfen. Digitale Kommunikationsangebote bleiben dabei - sowohl auf der formalen als auch auf der informellen Ebene - von zentraler Bedeutung. Deshalb ist jetzt auch die Zeit, teils noch provisorische digitale Netzwerkplattformen auf den Prüfstein zu stellen und diese auf Basis der bisherigen Erwartungen zu aktualisieren und um sinnvolle Funktionalitäten und Formate zu erweitern.

 

Kollaboration: Teams stärken

Der Großteil der Arbeit in Organisationen wird nicht von Einzelpersonen geleistet, sondern von Teams. Die Zusammenarbeit mit anderen beflügelt Menschen zu mehr Produktivität. Doch vielen Team fehlt es ohne das intuitive “Nähe durch Nähe” Prinzip an Zusammengehörigkeit, Verständnis und Orientierung. Je weniger unsere Arbeitsweise von physischer Nähe zu unseren KollegInnen geprägt ist, umso wichtiger ist es, sozialen Austausch zu fördern, denn dieser ist unerlässlich für ein positives Arbeitsumfeld, persönliches Wohlbefinden und starkes Wir-Gefühl.

Die Flexibilisierung der Arbeitswelt entbindet die Mitarbeitenden nicht von deren sozialen Rollen und Aufgaben als Teammitglieder: In den besten Teams hören Menschen einander zu und haben ausgeprägte Antennen für Gefühle und Bedürfnisse anderer. Über fachliche Skills hinaus bleiben also Wertschätzung, Vertrauen, Hilfsbereitschaft, Ehrlichkeit, Offenheit und Empathie der soziale Kitt in Teams.

Und was ist konkret zu tun?

Regelmäßige persönliche Treffen, Routinen und Rituale bleiben trotz Remote-Möglichkeiten unverzichtbar, um gemeinsame Ziele, Werte und Regeln im Blickfeld zu behalten. Sinnvoll ist es, sich als Team Zeit zu nehmen, die letzten Monate im Ausnahmezustand zu verarbeiten und gemeinsam zu planen, wie das zukünftige Miteinander aussieht, was von den neuen Routinen und Prozessen ins “new normal” übernommen werden soll und was das Team lieber einstellen möchte. Team-Workshops, vertrauliche 1:1-Interviews, Umfragen, Abstimmungen sowie  Arbeitsgruppen sind geeignete Formate, um die Teamkultur zu aktualisieren und zu festigen.

 

Weiterbildung: Zeitgemäße Kompetenzförderung

Die Art, wie wir arbeiten, hat unmittelbare Auswirkungen auf die Qualifizierung der Mitarbeitenden. Jeder von uns hat in den letzten Monaten gewohnte Prozessbahnen verlassen und eine steile Lernkurve hingelegt. Spätestens seit der Pandemie und neuer Remote-Work-Standards ist die 70-20-10-Regel aktueller denn je: Lernen findet nur noch zu einem kleinen Teil (10%) mit aufbereitetem Wissen im Seminarraum statt, sondern primär im Austausch mit anderen (20%) und durch eigenes situatives Handeln am Arbeitsplatz (70%). Die letzten Monate haben eindrucksvoll bewiesen, dass Erfahrung zunehmend gegen Agilität und Experimentierfreude verliert. Stattgefunden hat das Lernen nicht mit aufbereitetem Wissen im Seminarraum, sondern durch eigenes Handeln in unterschiedlichen Situationen am Arbeitsplatz. Lernen und Arbeiten wachsen weiter zusammen und werden zunehmend agiler, selbstbestimmter, vernetzter, kollaborativer. In den wenigsten Unternehmen sind Qualifizierungsangebote den neuen Anforderungen ans Lernen gewachsen, sondern sind nach wie vor von klassischen Classroom Trainings dominiert.

Und was ist konkret zu tun?

Um Mitarbeitende bei der Kompetenzentwicklung wirksam unterstützen, sind neue Lernkulturen und -angebote  gefragt. Personalentwicklung und Führung sollten dabei folgende Leitprinzipien beherzigen:

  • flexible Formate, die sich in den Arbeitsalltag gut integrieren,
  • selbstbestimmtes, kompetenzorientiertes Lernen im Arbeitskontext,
  • selbstorganisierte „Peer-to-peer“ Lernkreise,
  • regelmäßige Impulse von außen und
  • personalisierte durch Teilnehmer mitbestimmte Themen und Formate.

 

Unterm Strich

Die Auswirkungen neuer Arbeitsmodelle sind fundamental und vielschichtig. Jetzt ist es wichtig, die Weichen so zu stellen, dass das Unternehmen handlungs- und zukunftsfähig wird. Und dabei die Balance zwischen pragmatischen Quick Fixes und einer langfristig ganzheitlichen Lösungsansatz zu finden. Spoiler: Einen Blueprint gibt es leider nicht, denn der jeweils passende Weg ist so individuell wie das Unternehmen selbst. Mit "Future Work" haben wir ein modulares Programm entwickelt - für glückliche, motivierte, produktive und loyale MitarbeiterInnen in deiner Organisation.

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